Thema des Tages: Die Wolkenmütze (Pileus)


Datum 05.07.2018



Fast jeden Tag ziehen die unterschiedlichsten Wolkenarten am Himmel vorüber, die alle etwas Besonderes bezüglich ihrer Entstehungsgeschichte oder ihrer Begleiterscheinungen zu erzählen haben. Heute erfahren wir Näheres über die sogenannte "Wolkenmütze" und welche Auswirkungen beim Wetter bei ihrem Auftreten zu erwarten sind.

Wie auch heute über der Mitte und dem Süden Deutschlands sind Kumuluswolken, z.Dt. "Haufenwolken", eine häufig am Himmel zu beobachtende Wolkenart. Mal handelt es sich um harmlos über den Himmel dahinschwebende Schäfchenwolken, die sich als kleine und vertikal eher schmächtige Schönwetterwolken am sommerlichen Himmel bemerkbar machen, mal jedoch um rasant in die Höhe schießende Wolken, die sich zeitnah in eine Schauer- oder Gewitterwolke verwandeln können. Im Sommer sind die Zutaten für die Haufenwolken besonders günstig, denn durch die intensive Sonneneinstrahlung angetrieben steigen warme und feuchte Luftpakete von bodennahen Schichten in die Höhe und kühlen sich während dieses Aufstiegs ab. Durch das Abkühlen kondensiert der vorhandene Wasserdampf zu kleinen Tröpfchen, die als Wolken am Himmel wahrgenommen werden. Je günstiger die Bedingungen für die Bildung solcher Wolken sind, umso schneller steigen diese Luftpakete auf und bilden Wolken, die immer hochreichender werden. Dadurch kommt es auch zum Erscheinungsbild eines Blumenkohls, da eine solche Wolke aus zahlreichen kleineren Aufwindschloten besteht, in denen die feuchte Luft nach oben gerissen wird und dadurch die unverkennbare Wolkenstruktur erzeugen.

An besonders schwül-warmen Tagen mit vorhergesagten heftigen Gewittern kann man diesen Wolken nicht selten auch mit bloßem Auge beim Wachsen zuschauen, was ein Indiz für besonders kräftige Aufwinde mit entsprechend schadensträchtigen Begleiterscheinungen wie zum Beispiel Hagelschlag oder Sturmböen sein kann. Doch ein aufmerksamer Beobachter erkennt in dem Stadium einer rasant in die Höhe schießenden Haufenwolke nicht selten noch eine weitere Wolkenart, die nur kurzlebig ist und während ihres Auftretens sehr rasch ihre Form verändert. Die Rede ist von dem sogenannten "Pileus" (lateinisch "Mütze").

Diese Wolke entsteht, wenn ein Aufwind bzw. eine Haufenwolke sehr rasch in die Höhe wächst und dabei die darüber liegende Luftmasse plötzlich anhebt. Ist die Luftmasse zugleich auch noch hinreichend feucht, dann ist die Wahrscheinlichkeit recht groß, dass die durch die Haufenwolke gehobene Luft beginnt, Eiskristalle zu bilden und zwar so zahlreich, dass eine Art Eiskristallnebel entsteht. Die gehobene Luftmasse ist stabil, das heißt, ohne den in die Höhe schießenden Wolkenturm hätte sie sich nicht in die Vertikale verlagert. Durch den Aufwind wird sie zum Aufsteigen gezwungen und weist daher eine laminare Struktur auf. Je nach Windverhältnissen in diesem Höhenbereich oder je nach Intensität des Aufwindes kann der Pileus unterschiedliche Formen annehmen und manchmal entstehen auch mehrschichtige Wolkenstrukturen (siehe beigefügtes Bild). Dank der unzähligen Eiskristalle kann man bei einem günstigen Sonnenstand auch äußerst farbenprächtige Lichterscheinungen in einem Pileus bestaunen. Dabei muss man sich allerdings mit der Beobachtung dieses Wolkenphänomens beeilen, denn nicht selten ist der Pileus bereits nach wenigen Minuten wieder verschwunden, wenn sich nämlich der Aufwind wieder abschwächt und somit der lokale Hebungsprozess gestoppt wird oder die gehobene feuchte Schicht nur eine geringe vertikale Mächtigkeit aufweist. Natürlich kann die Entstehung dieser Wolke auch andere Ursachen haben wie z.B. einen Vulkanausbruch, wo ebenfalls Luft in kurzer Zeit auf dramatische Weise gehoben wird. Doch wie sieht nun diese Wolke in der Realität aus?

Im Anhang sehen Sie Bilder einer abendlichen Gewitterzelle, die am 12. Juni 2017 in der nördlichen Steiermark abgelichtet wurden. Dabei beträgt der zeitliche Abstand zwischen den Bildern rund 60 Sekunden. Im ersten Bild ist bereits die "Wolkenmütze" über dem großräumigen Aufwindbereich (roter Pfeil) zu erkennen, wobei man beim genauen Betrachten sogar mehrere Schichten ausmachen kann (schwarze Pfeile). Die Oberfläche sieht glatt aus und man könnte geneigt sein zu sagen, dass diese Haufenwolke beginnt zu vereisen, was dem Stadium eines Gewitters entsprechen würde. Allerdings handelt es sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht um die Ambossbildung, denn die Wolke ist auch weiterhin noch im Begriff, in die Vertikale zu wachsen. In der Folge ist dann zu erkennen, wie der Pileus durchbrochen wird bzw. sich beginnt aufzulösen und wenig später bildete sich dann auch in der Tat ein großräumiger Amboss aus.

Wenn Sie daher einen Pileus sehen, dann kann man in vielen Fällen davon ausgehen, dass sich diese Wolke zeitnah zu einer Schauer- oder Gewitterwolke entwickelt und erst in der Folge ist der weithin sichtbare und langlebige Amboss zu bestaunen. Diese natürliche Vorwarnung kann während einer Wanderung in den Bergen sehr hilfreich sein, da man sich innerlich auf ein baldiges Schauer- und Gewitterrisiko einstellen und die noch zu bewältigende Reststrecke der Wanderung entsprechend planen und einteilen kann bzw. rasch Schutz suchen sollte.

Und wer weiß, wenn Sie heute in Ihrer Pause einen Blick zum Himmel werfen und den Wolken ein bisschen beim Wachsen zuschauen, vielleicht können Sie ja eine "Wolkenmütze" am Himmel entdecken.

Dipl.-Met. Helge Tuschy

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 05.07.2018

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