Thema des Tages: Die "Glutsonne"


Datum 18.10.2017



Die Sonne rot, der Himmel "milchig" und orange, obwohl purer Sonnenschein vorhergesagt war. Was da passiert ist, können Sie hier im heutigen Thema des Tages lesen.

Zahlreiche Anfragen erreichten uns hier beim Deutschen Wetterdienst am gestrigen Dienstag von Menschen aus dem Norden und Nordwesten Deutschlands. Sie wunderten sich, warum die Sonne so rot und der Himmel so "milchig" und orange aussähen, obwohl von den Wetterfröschen doch purer Sonnenschein versprochen war. Die Antwort ist schnell gefunden: Rauchpartikel und etwas Saharastaub waren die Ursache.

Rauch und Staub konnten zu uns gelangen, weil die Großwetterlage eine entsprechende Luftströmung generierte. Ausgangspunkt war dabei das umfangreiche Hoch "Tanja", das in den vergangenen Tagen (siehe Bodenwetterkarte unter https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2017/10/18.html) über weiten Teilen Mitteleuropas und des Mittelmeers lag. Tiefdruckgebiete mussten aufgrund der blockierenden Wirkung der starken Antizyklone nördlich bzw. nordöstlich um das Hoch herum ziehen.

So wurde auf der Ostseite des umfangreichen Tiefdruckkomplexes über dem Ostatlantik (auf der Bodendruckkarte durch das Tief "Corvin" und den Ex-Hurrikan "Ophelia" gekennzeichnet) eine südliche bis südwestliche Strömung von Nordafrika über die Iberische Halbinsel bis zur Nordsee induziert. Aus Nordafrika konnten dadurch Saharastaubpartikel zunächst bis nach England (am Montag) verfrachtet werden. Hinzu kam aber noch der Rauch durch die aktuell leider zahlreichen Waldbrände über Portugal. Ab der Nacht zum Dienstag erreichten die mit Saharastaub und Rauch angereicherten Luftmassen auch den Nordwesten bzw. Norden von Deutschland. Dabei war dann etwa ein Bereich nordwestlich einer Linie von der Eifel bis zur Uckermark betroffen. Die Wettermodelle können Elemente wie Staub und vor allem Rauch jedoch nur unzureichend simulieren, weshalb es zu den oben aufgeführten Fehlinterpretationen kam.

Eine weitere Zutat, und zwar die Luftfeuchte, erzeugte dann den Dunst, der den "milchigen" Eindruck des Himmels hervorrief. Mit der Strömung wurden nämlich auch feuchte Luftmassen nach Norden und Nordosten geführt. Staub und Rauch bzw. Ruß hefteten sich dabei an die Wasserdampfmoleküle (die keine Wolkentröpfchen sind), sodass der "milchige", aber noch transparente Dunst entstand.

Scheint die Sonne nun durch diese Schichten, werden vor allem die blauen und die grünen Anteile der Lichtstrahlen an den Partikeln gestreut bzw. zum Teil herausgefiltert, während die Rotanteile des Lichts übrig bleiben. Das lässt die Sonne dann rot und im "Gesamtkunstwerk" mit dem Dunst den Himmel "milchig" und orange erscheinen. Verstärkt wird dieser Eindruck in den Früh- und Abendstunden beim Sonnenauf- und -untergang, wenn die Sonnenstrahlen einen längeren Weg durch die Atmosphäre nehmen müssen. Dadurch werden zusätzlich Blau- und Grünanteile des Sonnenlichts herausgefiltert.

Modellanalysen und -vorhersagen im Rahmen des meteorologisches Copernicus-Programms der Europäischen Kommission (siehe auch http://www.copernicus.eu) zeigen, dass der Rauch die Hauptrolle für die "Glutsonne" (oder auch "Blutsonne") spielte. Saharastaub ist in den betroffenen Regionen zwar auch vorhanden gewesen, war aber verglichen mit dem Rauch für das beobachtete Phänomen deutlich weniger relevant.

Am heutigen Mittwoch und am Donnerstag schwächt sich der Effekt (der durchaus mehrmals im Jahr vorkommen kann) vermutlich deutlich ab, weil die Zufuhr von weiteren Staub- und Rauchteilchen durch eine Strömungsänderung abbricht und die bereits vorhandenen Partikel mehr und mehr nach Osten verfrachtet werden. Insbesondere in einem Streifen von der Nord- bis zur Ostsee sowie dem direkt angrenzenden Binnenland könnte er aber noch schwach zu beobachten sein.

Mit der Strömungsänderung wird auch die Zufuhr sehr warmer Luftmassen beendet und Tiefausläufer fassen ab Freitag bei uns Fuß. Damit findet nicht nur die "Glutsonne" ihr Ende, sondern auch der "Goldene Oktober".

Dipl.-Met. Simon Trippler

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 18.10.2017

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