Thema des Tages: Das Gesamtbild der Luftmassenzirkulation und die Bedeutung für das Wetter!


Datum 13.11.2016



Wie ist der Zusammenhang zwischen der "Nordatlantischen Zirkulation" und dem herrschenden Wetter? Lässt sich der frühwinterliche Gruß anfangs November in den Daten finden. Und wie zeigte sich der teils heiße September?

Wie schon häufig im Thema des Tages beschrieben, bilden sich Hoch- und Tiefdruckgebiete bevorzugt entlang der sogenannten "Polarfront". Diese Luftmassengrenze ist oft wellenförmig deformierte und steuert die Hoch- und Tiefdruckgebiete und somit das Gesamtbild der Luftdruckverteilung auf der Nordhemisphäre. Dabei ist zu beobachten, dass auf der Nordhalbkugel die Wellenamplitude im Vergleich zur vom Wasser dominierten Südhemisphäre größer ist. Während sich auf der Nordseite der Polarfront hochreichende Tiefs teilweise bis in subtropische Gebiete erstrecken, wandern die Tief- und Hochdruckgebiete auf der Südseite sehr zonal mit der westlichen Höhenströmung.

Diese Luftdruckverteilungen bzw. Zirkulationsmuster der Atmosphäre werden auf der Nordhalbkugel durch diverse Indizes beurteilt und anschließend mit der Witterung in Verbindung gebracht. Für den Bereich des Pazifiks und Nordamerikas analysieren die Meteorologen den sogenannten "PNA-Index (Pacific-North-America-Index)". Um das Wettergeschehen über Europa zu erklären, wird der sogenannte "NAO-Index (North-Atlantic-Oscillation-Index)" betrachtet. Doch was beschreiben diese Indizes bzw. entsprechenden Zirkulationsmuster? Der heutige Abschnitt beschäftigt sich dabei mit dem atlantischen und europäischen Raum.

Die Nordatlantische Oszillation beschreibt den Druckunterschied zwischen dem Islandtief (Reykjavik) und dem Azorenhoch (Ponta Delgada) auf dem Atlantik (vgl. Abbildung 1). Je nachdem, ob die Differenz positiv oder negativ ist, lassen sich Aussagen über die Stärke der Westwinddrift, also der westlichen Strömung über dem Ostatlantik, machen. Die zeitliche Variabilität wird dabei üblicherweise durch den NAO-Index abgebildet. Ist der Luftdruckgegensatz zwischen dem Azorenhoch im Süden und dem Islandtief im Norden durch einen sehr tiefen Druck über Island und einen sehr hohen Druck über den Azoren größer als im Mittel, so spricht man von einem positiven NAO-Index. In diesem Fall kann sich etwa zwischen 40° und 60° nördliche Breite eine starke westliche Strömung ausbilden, die im Winterhalbjahr häufig mit Winterstürmen einhergeht. Diese bringen von West- über Mitteleuropa hinweg bis nach Sibirien oft milde Winter und reichlich Niederschläge. Vom Mittelmeerraum bis zum vorderen Orient herrschen bei einer positiven NAO dagegen meist Trockenheit und relativ kalte Winter vor, in Westgrönland dominieren dann kalte nördliche Winde. Bei einem negativen NAO-Index ist der Druckgegensatz zwischen dem Islandtief und dem Azorenhoch deutlich abgeschwächt. Teilweise drehen sich die Druckgebilde sogar um, sodass sich über Island ein Hochdruckgebiet und über den Azoren ein Tief befindet. Dadurch können sich häufig blockierende Wetterlagen durchsetzen. Dabei bilden sich im Winter oftmals Hochdruckgebiete über Westeuropa, die dazu führen, dass aus Norden kalte Luft nach Mitteleuropa einfließen kann. Allerdings können die die Westströmung blockierenden Hochs auch weiter östlich auftreten. In diesen Fällen würden dann auf der Westseite eher milde Luftmassen aus dem Mittelmeerraum nach Norden gelangen. Gerade am sehr milden Weihnachtsfest im letzten Jahr konnte man dies beispielhaft beobachten. Im Mittelmeerraum herrschen dann oft milde, aber auch feuchte Witterungsverhältnisse vor.

Ein Blick auf den NAO-Index der letzten Monate (siehe Abbildung 2) zeigt, dass dieser sich seit Juli mit nur wenigen Ausnahmen meist im neutralen Bereich befindet. Lediglich im September sowie zu Beginn des Oktobers wurden signifikante Abweichungen registriert. Während zu Beginn des Septembers positive Werte teils größer als 1 dominierten, fiel der NAO-Index zum Ende des Monats deutlich in den negativen Bereich ab. Seit Mitte Oktober pendelte er sich schließlich wieder auf neutrale Werte zwischen +0,5 und -0,5 ein. Der Verlauf des NAO-Index lässt sich auch sehr gut mit den vergangenen Wetterbedingungen in Europa in Verbindung bringen. Über die ersten beiden Septemberdekaden sorgten ein recht ausgeprägtes Azorenhoch sowie ein starkes Islandtief für eine kräftige westliche Grundströmung. Da sich das Azorenhoch oftmals bis nach Mitteleuropa erstreckte und die Tiefdruckgebiete nachfolgend über die Britischen Inseln geführt wurden, lag Deutschland in einer südwestlichen Strömung, die sehr warme, teils sogar heiße subtropische Luft anzapfte. Zeitweise konnte sich auch ein Azorenhochableger als ein eigenständiges Hochdruckgebiet über Ostdeutschland bzw. Polen festigen, sodass die Winde sogar direkt aus Süden nach Deutschland wehten. Die negative Abweichung des NAO-Index zum Ende des Monats September beruhte schließlich auf einem kräftigen Hoch über Skandinavien bzw. dem Nordmeer, das sich zeitweise weit nach Süden bis nach Südfrankreich ausdehnte. Dieses blockierte die atlantischen Tiefdruckgebiete, sodass diese auf eine südliche Route über das Mittelmeer geschickt wurden. Nachfolgend herrschten zwischen Island und den Azoren kaum nennenswerte Luftdruckgegensätze vor.

Der frühwinterliche Gruß zu Beginn des Novembers lässt sich im Gegensatz zu dem stark negativen AO-Index (Arctic-Oscillation-Index) (vgl. Thema des Tages vom 4. November 2016) mit den Daten des NAO-Index nur bedingt erklären. Zwar weist der NAO-Index in der ersten Novemberdekade ebenfalls eine geringe negative Abweichung auf, aufgrund der schwachen Ausprägung fehlen jedoch die Hinweise für eine länger anhaltende blockierende nordatlantische Zirkulation. Über Island dominierte meist tiefer und über den Azoren weitgehend hoher Luftdruck. Dies implizierte über dem Atlantik auch eine teils kräftige westliche Grundströmung, die sich jedoch nicht bis nach Mitteleuropa durchsetzen konnte. Verantwortlich dafür war eine aufgeprägte Hochdruckzone, die von Skandinavien bis zu den Azoren reichte, und somit die vom Atlantik heranrauschenden Tiefs blockierte. Lediglich anfangs konnten sich noch ein paar Tiefs an der Schwachstelle der Hochdruckzone über der Nordsee durchmogeln und im östlichen Europa festsetzen. Im Zusammenspiel beider Luftdruckgebilde gelangte schließlich kalte und feuchte Polarluft nach Deutschland, die in einigen Teilen Deutschlands für ein paar Tage den Winter brachte.

Die mittelfristigen Prognosen des NAO-Index deuten zur Monatsmitte einen signifikanten Sprung auf positive Werte über 1 an. Dies würde mit einer kräftigen westlichen Strömung über dem Atlantik einhergehen, die milde und feuchte Meeresluft bis nach Deutschland führen könnte. Genau dieses Szenario zeigen auch die Wettermodelle einheitlich. Ab Dienstag sollen bis über das kommende Wochenende hinweg zahlreiche Tiefausläufer über Deutschland hinwegziehen und somit das Wetter unbeständig, aber auch mild gestalten.

Was die Prognosen für das zukünftige Wetter betrifft, liefert der NAO-Index keine eindeutigen Hinweise. Bis Ende November werden keine größeren Abweichungen simuliert. Meist pendelt der Index um Null herum. Zudem nehmen die Unsicherheiten der Vorhersagen des National Centers for Environmental Prediction der NOAA ab Monatsmitte deutlich zu. Von einer deutlichen negativen Phase, bis zu einem positiven Indexverlauf um 1, scheint derzeit längerfristig alles möglich.

Dipl.-Met. Lars Kirchhübel

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 13.11.2016

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